Gerhart-Hauptmann-Weg
Benennungsdatum
Name seit 14.10.1970 (L)
Lage
Ortsteil Letmathe, Stichweg von der Straße Im Nordfeld nach Westen // Straße in der Karte anzeigen
Erläuterung

Gerhart Hauptmann (geb. am 15.11.1862 in Obersalzbrunn, heute Szczawno-Zdrój/Polen, gest. am 06.06.1946

in Agnetendorf, heute Agnieszków/Polen) ist ein deutscher Dramatiker und

Schriftsteller.

 

Gerhart Hauptmann gilt als der bedeutendste Vertreter des Naturalismus.

Sein Drama „Vor Sonnenaufgang“ (1889) verhalf ihm zum Durchbruch. Weltbekannt

wurde er mit dem gesellschafts- und sozialkritischen Drama „Die Weber“ (1892).

 

Im In- und Ausland wurde Gerhart Hauptmann als Inbegriff des deutschen

Dramatikers gefeiert und mit zahlreichen Ehrungen versehen, darunter der

Nobelpreis für Literatur (1912).

 

Den Ersten Weltkrieg feierte Hauptmann mit Kriegslyrik, zur Republik

bekannte er sich 1918 durch Unterzeichnung einer öffentlichen Erklärung von

Kunstschaffenden. 1922 wurde ihm als erstem der Adlerschild des Deutschen

Reiches verliehen, eine von Reichspräsident Friedrich Ebert gestiftete

Ehrengabe der Weimarer Republik.

 

Die Ideen der Nationalsozialisten flossen zwar in seine Werke nicht

ein, aber er erhoffte sich von den neuen Machthabern offenbar Großes für das

Land. Bekannt ist seine intensive Auseinandersetzung mit Hitlers „Mein Kampf“.

Sein mit zahlreichen kritischen aber auch lobenden Kommentaren versehenes

Exemplar wird in der Staatsbibliothek zu Berlin aufbewahrt.

 

Seine ambivalente Haltung beschäftigt die Forschung bis heute. Als

international anerkannter Autor erwarteten die Emigranten von ihm vergeblich

öffentlich geäußerte Kritik am NS-Regime. Vor allem Alfred Kerr kritisierte ihn

hart. Stattdessen unterzeichnete Hauptmann 1933 die Ergebenheitsadresse der

Sektion für Dichtkunst der Preußischen Akademie der Künste, nahm an feierlichen

Ereignissen teil, lobte in Zeitungsartikeln öffentlich Hitlers Außenpolitik,

verharmloste die Bücherverbrennung als „reine Albernheit“ und hielt sich mit

öffentlicher Kritik zurück. Seinem latenten Antisemitismus stand persönliches

Eintreten für jüdische Freunde gegenüber.

 

Schon 1905 war Hauptmann mit mehreren Freunden der Berliner Sektion der

Gesellschaft für Rassenhygiene beigetreten, die der mit ihm befreundete Alfred

Ploetz gegründet hatte. Dieser gilt als Hauptvertreter der Eugenik in

Deutschland und führte den Begriff der Rassenhygiene ein. Der

Literaturwissenschaftler Peter Sprengel belegt jedoch, dass Hauptmann die

Nürnberger Rassegesetze und das Euthanasie-Programm der Nationalsozialisten

ablehnte.

 

Hauptmann hatte in der Weimarer Republik als Symbolfigur des

Liberalismus, der Weltoffenheit und des sozialen Engagements gegolten, die

Nationalsozialisten blieben ihm gegenüber, auch wenn sie ihn öffentlich

hofierten und feierten, suspekt. Goebbels etwa notierte über ihn 1936 in seinem

Tagebuch, er stünde „etwas selbstgefällig und eitel und vollkommen schimmerlos

der modernen Zeit“ gegenüber. Mit ihm könne man „keine Lorbeeren mehr ernten.

Aber es ist besser, er ist unser Freund als unser Feind“ (Sarkowitz/Mentzer, S.

183f.).

 

Zu seinem 80. Geburtstag wurde Hauptmann mit zahlreichen Ehrungen

gefeiert. Im August 1944 nahm ihn Adolf Hitler in die „Gottbegnadeten-Liste“

auf, zudem wurde er als einer von sechs Schriftstellern in der Sonderliste der „unersetzlichen

Künstlern“ geführt.

 

Hauptmann starb am 6.6.1946 im inzwischen polnischen Agnetendorf an

einer Bronchitis. Er wurde schließlich auf der Insel Hiddensee beerdigt, wo er

mit seiner Familie seit den 1920er-Jahren regelmäßig die Sommermonate verbracht

hatte.

 

Hauptmanns Ruhm sank nach 1945, auch wegen seines unkritischen

Verhaltens gegenüber den Nationalsozialisten. In den späten 1960er- und

1970er-Jahren wurde er in der BRD zunehmend bedeutungsloser, in der DDR lebte

sein literarisches Ansehen jedoch weiter. Hauptmanns vor der NS-Zeit

geschriebenen Dramen gehören inzwischen wieder zu den an deutschen Bühnen

meistgespielten Stücken.

 

Gerhart Hauptmanns Rolle im Dritten Reich ist in der Forschung bis

heute umstritten. In Summe überwiegen die Hinweise, dass er sich nicht offen

genug gegen das antisemitische und rassenpolitische Gedankengut der

Nationalsozialisten positionierte, sondern es in privater Korrespondenz und

persönlichen Notizen sogar zum Teil goutierte. Eine angemessene Rezeption

Gerhart Hauptmanns muss diesen Aspekt seiner Persönlichkeit und seines Werkes berücksichtigen.

 

 

Quellen und Literatur

Quellen:

 

Deutsches Historisches Museum, Projekt Lebendiges Museum Online: https://www.dhm.de/lemo/biografie/gerhart-hauptmann [Zugriff 24.10.2019]

 

Literatur:

 

Sarkowicz, Hans; Mentzer, Alf: Literatur in Nazi-Deutschland. Ein

biografisches Lexikon. Hamburg und Wien 2000, S. 182-188 

 

Sprengel, Peter: Der Dichter stand auf hoher Küste. Gerhart Hauptmann

im Dritten Reich. Berlin 2009

 

Sprengel, Peter: „Tragik der Menschheit überhaupt“? Gerhart Hauptmann

im Dritten Reich. In: Benz, Wolfgang; Eckel, Peter; Nachama, Andreas (Hrsg.):

Kunst im NS-Staat. Ideologie, Ästhetik, Protagonisten. Berlin 2015, S. 131-143

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