Waisenhausstraße
Benennungsdatum
Frühere Bezeichnung eines Teiles „Maismecke“ vor 1882 (Adressbuch 1882). Heutiger Name seit 12.01.1898 (I b)
Lage
Straße zwischen Hugo-Fuchs-Allee und Pastorenweg im Stadtkern Südwest // Straße in der Karte anzeigen
Erläuterung

Das Wort „Mais“ ist abgeleitet von as. „magad“, Genitiv „magadis“ = Jungfrau. Das Wortteil „mecke“ ist gleichbedeutend mit „becke“ und bedeutet hier sicher Bach. Die Maismecke ist demnach der „Bach der Jungfrau“ (Maria). Mit der Maismecke wird eigentlich ein Grundstück bezeichnet, auf dessen Wiesen die Iserlohner Frauen ihre Wäsche nach dem Bleichen trockneten (städtische Bleiche). Der Bereich Alexanderstraße, Bahnhofsplatz, Rahmenstraße und Umgebung war vor über 200 Jahren noch ein freies Feld. Erst in den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts wurde das Gelände eingeebnet und 1864 der Bahnhof mit Umgebung errichtet. Die Bezeichnung „Maismecke“ ist altchristlich und auf die „Heilige Maid“ Maria zurückzuführen. Sie ist eng verbunden mit den Iserlohner Sagen und weist auf den vorchristlichen heiligen Baum, den „Juffernbaum“ (Jungfrauenbaum), hin. Dieser stand früher am Ballotsbrunnen, der wiederum auf die Sage des Bockskamps, in der Nähe der Brautwiese, hinweist.
Die unterhalb des Bethanien-Krankenhauses gelegene Waisenhausstraße wurde nach dem 1771 errichteten Waisenhaus an der Wiemer (nicht nach der Straße, sondern dem Flurstück „Wiemer“ zwischen Brautwiese und Pastorgarten) benannt. Zur Beseitigung der Armut vieler Waisen und anderer Kinder wurde dieses Schul- und Fabrikenhaus gebaut. Damit wurde den Kindern ein Dach über dem Kopf und regelmäßiges Essen geboten, doch mussten sie auch sieben Stunden am Tag arbeiten, um Kost und Logis selbst zu verdienen. Morgens von 6 bis 8 Uhr und nachmittags von 15 bis 20 Uhr besuchten sie das Fabrikhaus, um Haken und Ösen zu biegen, Seide zu winden und Baumwolle zu spinnen. Zusätzlich gab es noch 5 Stunden Unterricht am Tag. Insgesamt 12 Stunden Arbeiten und Lernen standen auf dem Programm, Zeit zum Spielen gab es nicht. Das Geld, das die Kinder verdienten, floss direkt in die Kasse des Waisenhauses. Erst als 1854 eine Stiftung gegründet wurde, mussten die Kinder nicht mehr für ihren Lebensunterhalt arbeiten. 1854 und 1920 stifteten mehrere Iserlohner Bürger über 254.750 Thaler und mehrere Grundstücke für das Waisenhaus. Bis 1774 war das Waisenhaus mit der Armenschule verbunden, in der bis 800 Kinder unterrichtet wurden.
Dieses Gebäude (Waisenhausstraße 5) ist denkmalgeschützt. Es wurde von dem Iserlohner Architekten Max Nohl geplant.

Quellen und Literatur

2019 im Auftrag des Stadtarchivs Iserlohn redigierter Auszug aus:
Holtmeier, Hermann; Reinertz, Manfred: Iserlohner Straßennamen erzählen, hrsg. vom Förderverein Iserlohner Museen e.V., Iserlohn 2009 (Beiträge zur Heimatkunde für Iserlohn und den märkischen Raum; Band 19)

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