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Sabine Bungert & Stefan Dolfen

Arrival Cities. Hongkong und Istanbul
26.08. - 09.10.2016

Unser Thema ist die Erforschung des Stadtraumes zweier Städte, die kulturell, historisch und politisch einen ganz anderen Background, sich aber als „Ankunftsstädte“ für Migranten, vergleichbar dynamisch entwickelt haben. Beide Städte sind stark westlich orientiert und legen gleichzeitig großen Wert auf das Bewahren der eigenen Kultur. Hongkong erlebte vor allem Ende der 40er Jahre eine starke Zuwanderung durch Festlandchinesen, die nach Ausrufung der Volksrepublik China in die damalige britische Kronkolonie flüchteten. Istanbul erlebte ebenfalls eine starkte Zuwanderung in den 40er und 50er Jahren, die bis heute anhält. Viele Bauern aus Anatolien strömten in die Stadt, um der Armut auf dem Land zu entfliehen.

Eine weitere Gemeinsamkeit ist die Lage am Wasser. Hongkong liegt an der Mündung des Perlflusses und besteht aus vielen Inseln. Istanbul liegt zwischen zwei Meeren und wird durch den Bosporus mit seinem Nebenarm das Goldene Horn geteilt. Istanbul wie auch Hongkong befinden sich in einem ständigen Erneuerungsprozess. Beide Städte sind innerhalb kürzester Zeit rasant gewachsen. Architektonisch haben sich diese Entwicklungen jedoch unterschiedlich ausgeprägt.

In Hongkong siedelten die meist mittellosen Migranten zunächst in einfachen Hütten aus Holz und Blech. Nach einem großen Brand in Shek Kip Mei, der zigtausend Menschen obdachlos machte, wurde entschieden, mehrstöckige Betonhäuser zu bauen. Das war praktisch der Beginn des public-housing Programms. Nachdem Hongkong Island und Kowloon aus allen Nähten platzten, wurde in den 60er Jahren ein umgfangreiches Infrastrukturprogramm für die New Territories verabschiedet. Land wurde aufgeschüttet, Flüße begradigt und es entstanden riesige Planstädte, die New Towns. Die Architektur wuchs in die Höhe und hinaus aufs Meer. Heute steht Hongkongs komplette Skyline auf aufgeschüttetem Land und die aktuelle Einwohnerzahl liegt bei über 7 Millionen. In Istanbul führte der Zustrom an Migranten im letzten Jahrhundert zum Bau der Gecekondu (über Nacht gebaute Häuser), die dann später von der Regierung genehmigt wurden. Heute sind diese ursprünglich illegal errichteten Siedlungen Teil der Stadt, ehemalige mittellose Bauern wurden zu Eigentümern und fingen an, ihre Behausungen aufzustocken. Es entstanden mehrstöckige Häuser, die an nachfolgende Einwanderer vermietet wurden. 85% aller Istanbuler sind ehemalige Landflüchtlinge aus dem Osten der Türkei. Nach wie vor erlebt Istanbul einen Zuwachs von ca. 300.000 Menschen pro Jahr, hier sind die aktuellen Zahlen durch die Zuströme der Flüchtlinge noch gar nicht berücksichtigt. Die Einwohnerzahl Istanbuls wird auf ca.13 Millionen geschätzt (so genau weiß das keiner). Istanbul gilt zur Zeit als eine der dynamischsten Städte weltweit. Doch trotz florierender Wirtschaft kann die Entwicklung der Infrakstruktur mit der explodierenden Einwohnerzahl nicht mithalten. Die Schere zwischen Armut und Reichtum ist sehr groß. Auf den Straßen, Kreuzungen, öffentlichen Plätzen und an den Uferpromenaden findet in beiden Städten das öffentliche und private Leben statt. Istanbul und Hongkong sind übervoll mit Zeichen und Strukturen, die vom Leben, von den Hoffnungen und vom Scheitern in diesen Städten erzählen.

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