In der Calle
Benennungsdatum
Frühere Bezeichnung (bis 1974) „Schwerter Straße“. Heutiger Name bereits vor 1939 (vgl. Adressbuch 1939)
Lage
Ortsteil Seilerseegebiet, Stichweg von der Seilerseestraße nach Norden zur Landhauser Straße // Straße in der Karte anzeigen
Erläuterung

Die Bauernschaft Calle existierte vermutlich schon in der Zeit Karls des Großen um 800. Calle ist ein alter Flurname und war eine westlich vom Seilerwald gelegene Gehöftgruppe mit Adelssitz. Calle bei Iserlohn wird erstmals 1257 als Oberhof des Patroklistifts in Soest urkundlich erwähnt. 1517 schrieb man vom „Borghaus von Calle“. Die Vogtei „Haus Calle“ war eine Wasserburg an der Stelle des jetzigen Hauses Hansbergstraße Nr. 6. 1876 soll hier noch ein Rundturm der alten Burg vorhanden gewesen sein.
Dieses Calle muss von der zwischen Wermingsen und Westig gelegenen Ortschaft Calle (Kalle) unterschieden werden. Beide Namen gehen aber zurück auf den Namen des Baches „Calle“. „In der Calle“ ist eine alte Flurbezeichnung, die so viel wie „lange Talmulde“ bedeutet. Sie wird zum ersten Mal 1733 im Limitenbuch, der Beschreibung der Grenzen der Iserlohner Mark, erwähnt.
Von 1841 bis 1929 war Calle eine selbstständige Gemeinde. Zu ihr gehörten Wohnplätze in Wermingsen, Bilveringsen und Griesenbrauck. Calle war seit 1806/1808 Teil des Magistratsbezirks Iserlohn, seit 1841/1843 des Amtes Hemer und seit 1929 Wermingsen  (Südteil) bzw. seit 1975 (Nordteil) Ortsteil der Stadt Iserlohn.
Angesichts des Mangels an historischen Nennungen des Namens bleiben die Deutungen unsicher. Woeste leitet ihn von „kall“ = Rinne oder schmales Tal ab, während ihn Jellinghaus von „kallen“ = rufen herleitet. Nach Woeste ist „kallen“ aber nicht rufen, sondern sprechen, reden. Diese letztere Deutung könnte sich auf das Plätschern des Caller Baches beziehen. Der Heimatforscher Dr. Wilhelm Bleicher weist auf den indogermanischen Wortkörper „Calle“ hin, wie er enthalten ist in lat. „Callis” = Bergpfad; span. “Calle” = Straße, Dorfgasse; slov. “Klanec” = Hohlweg, Bachrinnsal; tschechisch “klanec” = Bergsattel, Pass. Danach würde es also die passierbare hohlförmige, vom Bach durchflossene Geländemulde bedeuten.
Der Bergbau auf Brauneisenstein in der Seiler, die Eisenschmelze in der Calle sowie der Bergbau auf Galmei sollen bis ins 13. Jh., vielleicht schon ins 12 Jh. zurückreichen.
Johann Diedrich Röpe betrieb eine alte Papiermühle am Caller Bach, knapp 500 m unterhalb des Staudammes der „Callerbach-Talsperre“. Röpe ist aber nicht der erste Papiermacher Iserlohns. Seine Vorfahren waren schon Besitzer der „alten Papiermühle“ in der Calle. Friedrich Schulte, Röpes Papiermeister, erwarb 1817 diesen Betrieb und führte ihn bis zum Jahre 1859 weiter.
1827 legt Friedrich Schulte eine oberschlächtige Papiermühle (Büttenpapiermühle) an, und zwar an dem Wege „von der Calle nach dem Griesenbruch“, auf seinem eigenen Grund und Boden. Hierzu gehörten ca. 24 Morgen Wiesen und Ackerland. Die Stauteichanlage und das mächtige Wasserrad der Papiermühle waren bis in die 1920er Jahre noch in der Calle vorhanden, die Papiermühle bestand bis 1962.
Das aus dem Jahre 1721 stammende Fabrikgebäude wurde abgebrochen, das aus demselben Jahr herrührende Wohnhaus unter Denkmalschutz gestellt. Das Haus war mit zwei hölzernen schiefergedeckten Holztürmen versehen, was dem Anwesen ein schlossartiges Aussehen verleihen sollte. Die Türme waren aber schon gegen Ende des 19. Jh‘s entfernt worden. Das Erdgeschoss war mit 1,15 m und 70 cm  starken Bruchsteinwänden versehen, das Erdgeschoss hatte noch stolze 63 cm starke Außenmauern. Die Stärke des Mauerwerks lässt vermuten, dass das Untergeschoss viel weiter zurückgeht als bis auf das Jahr 1827.
Dieses denkmalgeschützte Haus fiel 1973 dem Straßenbau der Seilerseestraße (B 233) zum Opfer. Zum Glück wurde das 1872 errichtete Werkgebäude sorgsam abgetragen und im Freilichtmuseum in Hagen wieder aufgebaut.
Der benachbarte Seilersee sammelt jenes Wasser, das früher die Stauteiche der Mühlenbetriebe zwischen Wermingsen und Düingsen füllte und dort eine Anzahl von Mühlrädern antrieb, darunter auch die alte Papiermühle in der Calle. Als der künstlich angelegte Stausee, einst „Projekt Callerbach-Talsperre“ genannt, verwirklicht wurde, musste man zwei dort am Callerbach liegende Anwesen mit Stauteichen und ein Gebiet zur Lehmgewinnung für die benachbarten Ziegeleien überfluten.
Das Hotel Korth in der Calle wurde 1817 als Lokal mit Badeanstalt gegründet mit der Hausbezeichnung „In der Calle Nr. 4-7“. Hier wurden aufgrund des eisenhaltigen Heilwassers  gesundheitsfördernde Stahlbäder verabreicht.

Quellen und Literatur

2019 im Auftrag des Stadtarchivs Iserlohn redigierter Auszug aus:
Holtmeier, Hermann; Reinertz, Manfred: Iserlohner Straßennamen erzählen, hrsg. vom Förderverein Iserlohner Museen e.V., Iserlohn 2009 (Beiträge zur Heimatkunde für Iserlohn und den märkischen Raum; Band 19)