Christine-Koch-Straße
Benennungsdatum
Name vor 1961 (vgl. Adressbuch 1961)
Lage
Ortssteil Sümmern, zwischen Taigelbrand und Poths Kreuz // Straße in der Karte anzeigen
Erläuterung

Der im Zuge der Flurbereinigung geschaffene Weg wurde in den ersten 1960er-Jahren ausgebaut. Der nördliche Teil hieß früher „Hermann-Löns-Weg“ (vom 06.08.1964–07.10.1975).

Christine Koch, geb. Wüllner (geb. 23.04.1869 in Herhagen, Gemeinde Eslohe, gest. 18.04.1951 in Bracht) war eine westfälische Mundartdichterin.

Christine Koch war Katholikin und das fünfte von sieben Kindern. Nach ihrer Ausbildung zur Volksschullehrerin (1885-1887) arbeitete sie als Lehrerin in Padberg bei Marsberg, erkrankte aber 1895/96 schwer (Tuberkuloseverdacht) und wechselte ab 1902 nach Essen, wo sie als Hauptlehrerin in Vogelheim tätig war. Andauernde Lungenbeschwerden führten dazu, dass sie am 1. Januar 1905 freiwillig aus dem Schuldienst ausschied.

Am 3. Mai 1905 heiratete sie ihren Vetter, den Gast- und Landwirt Wilhelm Koch und zog mit ihm in das Dorf Bracht (heute Schmallenberg). Sie bekam vier Kinder. Das musikalische und literarisch interessierte Ehepaar schloss sich der sauerländischen Heimatbewegung und ihren literarischen Organen an. Christine Koch schrieb Verse in sauerländer Mundart. 1924 lernte sie den Musiklehrer und Chorleiter Georg Nellius kennen, der zahlreiche ihrer Gedichte vertonte. Sie schloss außerdem Freundschaft mit Josefa Berens-Totenohl, die ihre Bücher illustrierte. 1924 erschien Kochs erstes Buch „Wille Räousen“.

Nach dem Ersten Weltkrieg kam es zum Verlust des in Kriegsanleihen angelegten Familienvermögens und 1931 musste ein großer Teil der Koch‘schen Besitzungen verkauft werden.

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde sie 1933 Mitglied der Reichsschrifttumskammer, eine der sieben Einzelkammern der Reichskulturkammer. Zu ihrem engsten Freundeskreis gehörten nach wie vor die überzeugten NSDAP-Mitglieder Georg Nellius, Josefa Berens und inzwischen auch Maria Kahle, die ebenfalls der völkischen Szene zugerechnet wird.

An ihrem 70. Geburtstag im Jahre 1939 wurde Christine Koch mit dem Klaus-Groth-Preis für niederdeutsche Dichtung und Lyrik ausgezeichnet. Zum 75. Geburtstag (1943) erhielt sie den Westfälischen Literaturpreis. Gemeinsam mit ihren Freundinnen Josefa Berens-Totenohl und Maria Kahle war sie Mitglied im Sauerländischen Künstlerkreis (SKK), der geleitet wurde vom NSDAP-Mitglied Hans Menne. Nach 1945 verdrängte Koch die eigenen Beiträge zum Dritten Reich.

Nach Christine Koch wurde 1993 die „Christine-Koch-Gesellschaft e.V.“ zur Förderung der Literatur im Sauerland benannt, ebenso Schulen in Schmallenberg, Eslohe und Bamenohl sowie mehrere Straßen, ein Wanderweg des SGV und ein Wanderheim bei Schmallenberg.

Peter Bürger, Koch-Experte und Leiter des Christine-Koch-Mundartarchivs, kommt in seinen ausführlichen Arbeiten zu dem Schluss, sie sei zwar kein widerständiges Vorbild, jedoch auch keine Nationalsozialistin oder Antisemitin gewesen, trotz ihrer offenen Parteinahme für die NSDAP und Adolf Hitler. Insofern stellt Bürger Christine Koch nicht in eine Reihe mit den überzeugten Nationalsozialisten und Rassisten Georg Nellius, Josef Berens und Maria Kahle (Bürger, 2019, S. 336). „Die Widersprüche zwischen christlichem Ethos der Dichterin und ihren völkisch-nationalistischen Voten sind unauflösbar.“ (Bürger, 2019, Klappentext)


Quellen und Literatur

Literatur:
Bürger, Peter: Christine Koch, in: Gödden, Walter; Nölle-Hornkamp, Iris

(Hrsg.): Westfälisches Autorenlexikon 1850 bis 1900. Paderborn 1997

(Westfälisches Autorenlexikon; Band 3), S. 371-382

 

Bürger, Peter: Im Reypen Koren. Ein Nachschlagewerk zu Mundartautoren,

Sprachzeugnissen und plattdeutschen Unternehmungen im Sauerland und in

angrenzenden Gebieten. Eslohe 2010

 

Bürger, Peter: „Voll bereit für die Neue Zeit“. Deutschnationale,

militaristische und NS-freundliche Dichtungen Christine Kochs 1920-1944. Ein

Beitrag zur Erforschung des südwestfälischen Rechtskatholizismus. Norderstedt

2019 (edition leutekirche sauerland 15)

 

Holtmeier, Hermann; Reinertz, Manfred: Iserlohner Straßennamen

erzählen, hrsg. vom Förderverein Iserlohner Museen e.V., Iserlohn 2009

(Beiträge zur Heimatkunde für Iserlohn und den märkischen Raum; Band 19)

 

Lexikon Westfälischer Autorinnen und Autoren 1750 bis 1950: https://www.lwl.org/literaturkommission/alex/index.php?id=00000003&letter=K&layout=2&author_id=00000724 [Zugriff am 24.10.2019]

 

 

 

Müller, G.: Liäwensbauk. Auf den Spuren

der Dichterin Christine Koch, in: Sauerland, Heft 1, 1994, S. 11f.

 

 

 

Wehner, Walter: Literatur und Literaturbetrieb in Iserlohn 1945-1965.

Neustart oder Fehlstart? In: Literatur in Westfalen, Beiträge zur Forschung,

Band 16, 2018, S. 125-214

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