Gerhart Hauptmann (geb. am 15.11.1862 in Obersalzbrunn, heute Szczawno-Zdrój/Polen, gest. am 06.06.1946
in Agnetendorf, heute Agnieszków/Polen) ist ein deutscher Dramatiker und
Schriftsteller.
Gerhart Hauptmann gilt als der bedeutendste Vertreter des Naturalismus.
Sein Drama „Vor Sonnenaufgang“ (1889) verhalf ihm zum Durchbruch. Weltbekannt
wurde er mit dem gesellschafts- und sozialkritischen Drama „Die Weber“ (1892).
Im In- und Ausland wurde Gerhart Hauptmann als Inbegriff des deutschen
Dramatikers gefeiert und mit zahlreichen Ehrungen versehen, darunter der
Nobelpreis für Literatur (1912).
Den Ersten Weltkrieg feierte Hauptmann mit Kriegslyrik, zur Republik
bekannte er sich 1918 durch Unterzeichnung einer öffentlichen Erklärung von
Kunstschaffenden. 1922 wurde ihm als erstem der Adlerschild des Deutschen
Reiches verliehen, eine von Reichspräsident Friedrich Ebert gestiftete
Ehrengabe der Weimarer Republik.
Die Ideen der Nationalsozialisten flossen zwar in seine Werke nicht
ein, aber er erhoffte sich von den neuen Machthabern offenbar Großes für das
Land. Bekannt ist seine intensive Auseinandersetzung mit Hitlers „Mein Kampf“.
Sein mit zahlreichen kritischen aber auch lobenden Kommentaren versehenes
Exemplar wird in der Staatsbibliothek zu Berlin aufbewahrt.
Seine ambivalente Haltung beschäftigt die Forschung bis heute. Als
international anerkannter Autor erwarteten die Emigranten von ihm vergeblich
öffentlich geäußerte Kritik am NS-Regime. Vor allem Alfred Kerr kritisierte ihn
hart. Stattdessen unterzeichnete Hauptmann 1933 die Ergebenheitsadresse der
Sektion für Dichtkunst der Preußischen Akademie der Künste, nahm an feierlichen
Ereignissen teil, lobte in Zeitungsartikeln öffentlich Hitlers Außenpolitik,
verharmloste die Bücherverbrennung als „reine Albernheit“ und hielt sich mit
öffentlicher Kritik zurück. Seinem latenten Antisemitismus stand persönliches
Eintreten für jüdische Freunde gegenüber.
Schon 1905 war Hauptmann mit mehreren Freunden der Berliner Sektion der
Gesellschaft für Rassenhygiene beigetreten, die der mit ihm befreundete Alfred
Ploetz gegründet hatte. Dieser gilt als Hauptvertreter der Eugenik in
Deutschland und führte den Begriff der Rassenhygiene ein. Der
Literaturwissenschaftler Peter Sprengel belegt jedoch, dass Hauptmann die
Nürnberger Rassegesetze und das Euthanasie-Programm der Nationalsozialisten
ablehnte.
Hauptmann hatte in der Weimarer Republik als Symbolfigur des
Liberalismus, der Weltoffenheit und des sozialen Engagements gegolten, die
Nationalsozialisten blieben ihm gegenüber, auch wenn sie ihn öffentlich
hofierten und feierten, suspekt. Goebbels etwa notierte über ihn 1936 in seinem
Tagebuch, er stünde „etwas selbstgefällig und eitel und vollkommen schimmerlos
der modernen Zeit“ gegenüber. Mit ihm könne man „keine Lorbeeren mehr ernten.
Aber es ist besser, er ist unser Freund als unser Feind“ (Sarkowitz/Mentzer, S.
183f.).
Zu seinem 80. Geburtstag wurde Hauptmann mit zahlreichen Ehrungen
gefeiert. Im August 1944 nahm ihn Adolf Hitler in die „Gottbegnadeten-Liste“
auf, zudem wurde er als einer von sechs Schriftstellern in der Sonderliste der „unersetzlichen
Künstlern“ geführt.
Hauptmann starb am 6.6.1946 im inzwischen polnischen Agnetendorf an
einer Bronchitis. Er wurde schließlich auf der Insel Hiddensee beerdigt, wo er
mit seiner Familie seit den 1920er-Jahren regelmäßig die Sommermonate verbracht
hatte.
Hauptmanns Ruhm sank nach 1945, auch wegen seines unkritischen
Verhaltens gegenüber den Nationalsozialisten. In den späten 1960er- und
1970er-Jahren wurde er in der BRD zunehmend bedeutungsloser, in der DDR lebte
sein literarisches Ansehen jedoch weiter. Hauptmanns vor der NS-Zeit
geschriebenen Dramen gehören inzwischen wieder zu den an deutschen Bühnen
meistgespielten Stücken.
Gerhart Hauptmanns Rolle im Dritten Reich ist in der Forschung bis
heute umstritten. In Summe überwiegen die Hinweise, dass er sich nicht offen
genug gegen das antisemitische und rassenpolitische Gedankengut der
Nationalsozialisten positionierte, sondern es in privater Korrespondenz und
persönlichen Notizen sogar zum Teil goutierte. Eine angemessene Rezeption
Gerhart Hauptmanns muss diesen Aspekt seiner Persönlichkeit und seines Werkes berücksichtigen.
Quellen:
Deutsches Historisches Museum, Projekt Lebendiges Museum Online: https://www.dhm.de/lemo/biografie/gerhart-hauptmann [Zugriff 24.10.2019]
Literatur:
Sarkowicz, Hans; Mentzer, Alf: Literatur in Nazi-Deutschland. Ein
biografisches Lexikon. Hamburg und Wien 2000, S. 182-188
Sprengel, Peter: Der Dichter stand auf hoher Küste. Gerhart Hauptmann
im Dritten Reich. Berlin 2009
Sprengel, Peter: „Tragik der Menschheit überhaupt“? Gerhart Hauptmann
im Dritten Reich. In: Benz, Wolfgang; Eckel, Peter; Nachama, Andreas (Hrsg.):
Kunst im NS-Staat. Ideologie, Ästhetik, Protagonisten. Berlin 2015, S. 131-143