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Matt Stuart. Alles was das Leben bieten kann. Fotografien

16. November 2018 - 10. Februar 2019

 „Aber mein Herr, es findet sich niemand, der nur etwas gebildet ist und der trotzdem gewillt wäre, London zu verlassen.

Nein, mein Herr - ist ein Mann Londons überdrüssig, ist er auch des Lebens überdrüssig; denn in London befindet sich alles, was das Leben bieten kann.“

(Samuel Johnson 1777)

 

Ein einfaches Herbstblatt auf dem Bürgersteig und doch das fröhliche Lächeln eines roten Mundes - es sind die skurrilen und komischen Momente, die sich dem flüchtigen Blick entziehen, denen Matt Stuarts ganze Aufmerksamkeit gilt. Unablässig durchstreift er mit der Leica seine Heimatstadt London. „Wenn Jemand Londons überdrüssig ist, ist er des Lebens überdrüssig; denn in London hat man alles, was das Leben bieten kann.“ Dieses Zitat des englischen Schriftstellers und Kritikers Samuel L. Johnson stammt aus dem 18. Jahrhundert. Matt Stuart hat es seiner ersten Publikation vorangestellt. „All that life can afford“ ist 2016 erschienen und zeigt eine Sammlung von rund 100 Aufnahmen, die zwischen 2002 und 2015 in den Straßen und auf den Plätzen der englischen Metropole entstanden sind.

1974 in Harrow im Nordwesten Londons geboren, war für Matt Stuart das Skateboard der erste ständige Begleiter und Auslöser für die bis heute andauernde Faszination des Großstadtlebens. Inzwischen hat er das Skateboard gegen eine Kamera getauscht, ohne die er niemals das Haus verlässt.
Bücher von Robert Frank und Henri Cartier-Bresson, die ihm sein Vater schenkte, weckten schon als Jugendlicher das Interesse an der Fotografie, insbesondere an der Straßenfotografie, der mittlerweile neben der professionellen, auftragsgebundenen Arbeit seine ganze Leidenschaft gilt. „Kaufe ein gutes Paar bequeme Schuhe, halte deine Ellbogen bei dir, sei geduldig, optimistisch und vergesse niemals zu lächeln.“ Mit diesem Credo, seinem feinen britischen Humor und einem untrüglichen Gespür für sich entwickelnde Szenen und Begebenheiten macht sich Matt Stuart auf die Suche nach den „entscheidenden Augenblicken“. Er widerlegt mit seiner Sicht der Dinge die Behauptung, dass Straßenfotografie eine überholte und langweilige Kunstform sei. Das Leben ändert sich fortlaufend und mit ihr all die kleinen und großen menschlichen Komödien und Tragödien, die sich tagtäglich auf den „Straßenbühnen“ der Welt abspielen. Matt Stuarts Aufnahmen sind niemals gestellt. Geoff Dyer beschreibt anschaulich in seinem Essay „Warum macht er das jeden Tag?“, dass man als Londoner die City normalerweise mürrisch und in Eile durchschreitet und auf „jegliches visuelles Anrempeln“ verzichtet. Nicht so Matt Stuart, er ist „schelmisch anstatt mürrisch“ und spiegelt mit seinen Bildern all das wider, was wir verpassen, wenn wir mit Scheuklappen durch den Alltag hasten. Die Vielschichtigkeit seiner Werke erschöpft sich dabei niemals im vordergründigen Gag, sondern offenbart eine visuelle Erzählung, die sich aus vielen kleinen Details und Geschichten erst im Auge des Fotografen und dann im Auge des Betrachters neu zusammensetzt.

Der Internet-Wettbewerb und das Buch-Projekt „Street Photography Now“, die der englische Verlag Thames & Hudson 2012 initiierte, löste weltweit so etwas wie die Renaissance der Straßenfotografie aus. Namhafte Fotografen stellten ein Jahr lang Woche für Woche Themenaufgaben online, an denen sich eine ständig wachsende Schar von Fotobegeisterten auf allen Kontinenten abarbeitete. Die besten Einsendungen wurden am Ende ausjuriert und fanden Eingang in das Buch. Die Ehre des Cover-Fotos gebührte Matt Stuart. Sein Bild, einer aus der bodentiefen Perspektive aufgenommen Taube, die scheinbar im Gleichschritt mit den Passanten über den Trafalgar Square schlendert und deren Schwanzfedern den Gehröcken der Menschen auf dem Platz zu gleichen scheint, wurde schnell berühmt und machte den Namen Matt Stuart in der Szene bekannt. Er wurde Mitglied des internationalen Kollektivs In-Public und von Magnum Photos 2016 zum nominierten Mitglied berufen.

Das Stadtmuseum Schleswig und die Städtische Galerie Iserlohn setzen mit dem Matt Stuart-Projekt ihre langjährige erfolgreiche Kooperationspartnerschaft fort und freuen sich, in Zusammenarbeit mit dem Fotografen und der Magnum Agentur diese Ausstellung realisieren zu können. „Alles, was das Leben bieten kann / All that life can affford“ wird dank der Initiative der beiden Häuser mit rund 100 Arbeiten die erste große und umfassende Werkschau von Matt Stuart sein.
Die weltweite Premiere feierte die Ausstellung im Juni 2018 im Stadtmuseum Schleswig und wird nun ab November in der Städtischen Galerie Iserlohn zu sehen sein.

alle Abb. ©Matt Stuart / Magnum Photo

 

Mit freundlicher Unterstützung und in Zusammenarbeit