Bedeutender Arzt stammt aus Iserlohn - Dr. Johann Wilhelm Tolberg vor 250 Jahren geboren


von Rico Quaschny

Während man in diesen Tagen in Bad Salzelmen bei Magdeburg an den 250. Geburtstag eines bedeutenden Mediziners erinnert, dürfte der Name Dr. Johann Wilhelm Tolberg nur wenigen in Iserlohn bekannt sein. Dr. Tolberg gilt als Begründer der wissenschaftlichen Soleheilkunde. Auf ihn geht die Gründung des ersten deutschen Soleheilbades zurück. Und: Dr. Johann Wilhelm Tolberg wurde in Iserlohn geboren.

Wie der Taufeintrag im Kirchenbuch der Evangelisch-lutherischen Obersten Stadtkirche belegt, wurde er am 24. Oktober 1762 als Sohn des Schreiners Peter Dolberg getauft. Das genaue Geburtsdatum wird nicht genannt, ebenso fehlen – wie bei allen Taufeintragungen dieser Zeit im Kirchenbuch – die Namen der Paten. Überhaupt lässt sich über die Familie nur sehr wenig sagen: sie gehörte nicht zu den alteingesessenen Iserlohner Bürger- und Kaufmannsfamilien. Dennoch konnten im Burgarchiv des Evangelischen Gemeindeverbandes in Iserlohn und im Stadtarchiv Hinweise auf die Familie von Dr. Tolberg gefunden werden.

Die nachweisbare Geschichte der Familie in Iserlohn beginnt mit einem Eintrag im Bürgerbuch der Stadt, das im Stadtarchiv aufbewahrt wird und in dem neu aufgenommene Bürger Iserlohns von 1671 bis 1802 verzeichnet sind. Unter dem 27. Januar 1750 findet sich der Eintrag, dass "Johan Peter Döllberg, ein Drechsler, von Eiringhausen gebürtig" als Bürger aufgenommen wurde. Das ist der erste Hinweis auf Dr. Tolbergs Vater, der aus dem Dorf Eiringhausen bei Plettenberg nach Iserlohn zog, damals immerhin eine Stadt mit rund 4.000 Einwohnern.

Wenige Monate später heirateten am 5. April 1750 "Johann Peter Dollberg, Bürger und Schreiner hieselbst, Johann Henrich Dollbergs zu Eiringhausen, Kirchspiels Plettenberg, ehelicher Sohn, und Helena Margareta Humpert, seligen Johann Diederich Humperts, gewesenen Bürgers hieselbst nachgelassene eheliche Tochter", wie der Eintrag im Kirchenbuch der Obersten Stadtkirche belegt. Diese erste Ehe Johann Peter Dollbergs blieb kinderlos. Schon im Februar 1759 starb seine Frau.

Am 19. Juli 1759 heiratete Johann Peter Dolberg als "Bürger und Witwer" erneut. Seine zweite Frau war Anna Elisabeth Heymann. Sie stammte aus Frömern (heute Fröndenberg) und war die Tochter von Gottfried Heymann. Im März 1760 wurde der erste Sohn Caspar Arnold Dolberg geboren. Er starb bereits im November des selben Jahres. Nach dem 1762 geborenen Sohn Johann Wilhelm findet sich kein weiterer Taufeintrag im Kirchenbuch, Dr. Tolberg wuchs also als Einzelkind auf.

Während 1769 sein Großvater Henrich Dolberg aus Eiringhausen 79-jährig in Iserlohn starb, konnte das Todesdatum seines Vaters bisher nicht gefunden werden. Dr. Tolbergs Mutter erreichte ein bis heute außergewöhnlich hohes Alter, das im Kirchenbuch mit 96 ½ Jahren angegeben wird. Sie starb als "Witwe des verstorbenen Schreiners Peter Tollberg" am 9. März 1808 morgens um fünf Uhr "an der Zehrung". Demnach wäre sie 1712 geboren. Wahrscheinlicher ist, dass sie später geboren und mit Mitte 80 gestorben ist. Erstmals ist aus dem Sterbeeintrag ein Hinweis auf den Wohnort zu entnehmen. Dr. Tolbergs Mutter wohnte bei ihrem Tod in der Igelstraße. Diese Straße verlief von Norden nach Süden, parallel zum Ohl und zur Unnaer Straße. Während der Stadtsanierung in den 1960er Jahren wurde dieser Teil der historischen Altstadt komplett abgerissen und u. a. mit dem Kurt-Schumacher-Ring überbaut. Das Viertel galt als Wohnort kleiner Leute und Handwerker.

Mit dem Tod der Mutter enden die Spuren der Familie Dollberg – Dolberg – Tollberg in Iserlohn. Im ältesten vollständigen Einwohnerverzeichnis der Stadt von 1818 wird der Name, auch in keiner der unterschiedlichen Schreibweisen mehr genannt.

Johann Wilhelm Tolberg hatte sich außerhalb Westfalens einen Namen gemacht, wird aber zumindest bis zum Tod der Mutter Kontakt nach Iserlohn gehalten haben. Vermutlich hatte er in Iserlohn das vom städtischen Magistrat und dem evangelisch-lutherischen Konsistorium gemeinsam getragene "Lyceum Iserlohnense" besucht. Im ehemaligen Schulgebäude an der Stadtmauer ist heute das Burgarchiv untergebracht.

Zum Studium war Tolberg nach Halle an der Saale gegangen, wo er zunächst Theologie studierte. Nach dem Religionsedikt vom 9. Juli 1788, mit dem der Einfluss der Aufklärung eingeschränkt und Zensurmaßnahmen durch den preußischen Staat eingeführt wurden, war er zur Medizin gewechselt: "Ich wähle die Medicin, weil ich darzu die meiste Neigung in mir fühle, und hoffe darin frey von allen Symbolen am Arm der Natur meiner Ueberzeugung folgen, und der Welt nach meinen besten Einsichten nützlich werden zu können." 1791 wurde Tolberg promoviert, ging als Stadtphysikus nach Staßfurt und zog dann nach Calbe, wo er die Tochter des dortigen Stadtphysikus heiratete. 1794 trat er als Knappschaftsarzt der Königlichen Saline Schönebeck in den preußischen Staatsdienst. Dr. Tolberg setzte sich hier zunächst vergeblich für den Bau eines Krankenhauses ein, um die erkrankten Salinenarbeiter und deren Kinder besser behandeln zu können.

Während schon seit Jahrhunderten die heilende Wirkung von salzhaltigem Wasser bekannt war, war Dr. Tolberg der erste, der sich als wissenschaftlicher Mediziner mit der Heilanwendung des Solewassers beschäftigte. Ausschlaggebend dafür war auch das Aufkommen der ersten Seebäder in der Zeit um 1800. Im Sommer 1801 führte Dr. Tolberg in Elmen, dem heutigen Schönebecker Stadtteil Bad Salzelmen, Versuche durch, bei denen er Jugendliche von Geschwüren und Drüsenverhärtungen durch Badekuren heilte. Er richtete danach ein Gesuch an den zuständigen Minister, die wegen des zu geringen Salzgehaltes nicht genutzte Sole beim Gradierwerk für Badezwecke verwenden zu dürfen. 1802 begann auf Befehl des Königs der Bau eines Badehauses. Schon 1803 veröffentlichte Dr. Tolberg seine Erkenntnisse in der Schrift "Ueber die Aehnlichkeit der Salzsoole mit dem Seewasser und den Nutzen der Soolbäder", in zahlreichen weiteren Veröffentlichungen machte er seine Erfahrungen bekannt. Dr. Tolberg erkannte, dass Gradierwerke als Inhalatorium genutzt werden können und die salzhaltige Luft positive Auswirkungen auf die Atemwege hat. Zudem wies er aber auch darauf hin, dass Sole kein Allheilmittel sei.

Die preußischen Behörden würdigten Dr. Tolbergs Engagement, indem man ihm ein Sechstel der Einnahmen des Bades zuerkannte. 1825 musste er aufgrund der großen Belastung seine Tätigkeit als Knappschaftsarzt aufgeben. Er widmete sich nun ausschließlich dem Badebetrieb. Am 17. September 1831 starb er in Schönebeck an Bauchwassersucht.

Dr. Tolbergs Hoffnung, der Welt nützlich zu werden, hatte sich noch zu seinen Lebzeiten erfüllt. An vielen anderen Salinenstandorten machte man sich seine Pionierarbeit zu nutze und gründete ebenfalls Solebäder. Während es im Laufe des 19. Jahrhunderts vielerorts zu einem Niedergang der Salzproduktion auf den Salinen kam, sorgte der wachsende Zustrom in die Heilbäder für einen Strukturwandel, der aus einstigen Salineorten mondäne Kurbäder machte. Nicht immer war diese Entwicklung von Dauer, wie beispielsweise ein Blick auf die westfälischen Salinenorte Werl und Unna zeigt. Andere Orte wie Bad Westernkotten, Bad Sassendorf und Bad Oeynhausen sind bis heute ehemalige Salinenstandorte mit einem etablierten Kurbetrieb.

Im Schönebecker Stadtteil Bad Salzelmen, wo zwischen Kurverwaltung und Lindenbad schon seit einiger Zeit eine Büste Dr. Tolbergs steht, wurde anlässlich des 250. Geburtstages des Badgründers eine Gedenktafel eingeweiht. Schon vor längerer Zeit wurde auch eine Straße nach Dr. Tolberg benannt.

Quellen:

  • Stadtarchiv Iserlohn
  • Burgarchiv – Kirchliches Archiv des Evangelischen Gemeindeverbandes in Iserlohn, Kirchenbücher der Obersten Stadtkirche

Literatur:

  • Emons, Hans-Heinz; Walter, Hans-Henning: Alte Salinen in Mitteleuropa, Leipzig 1988.
  • Meldau, Britta: Tolberg, Johann Wilhelm, Dr. med. In: Magdeburger biographisches Lexikon, Magdeburg 2002 (www.uni-magdeburg.de/mbl/Biografien)
  • Schreiben eines Candidati Ministerii über das Edikt vom 9 Jul. an D. Joh. Salomo Semler : Nebst dessen freimütiger Antwort ; Ein Wort an alle Studiosos Theologiae. Halle 1788.


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