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Pressemitteilung der Stadt Iserlohn

„Iserlohn und der deutsche Kolonialismus“ - Neue stadtgeschichtliche Vortragsreihe startet Ende August

Das neue Vortragsprogramm des Stadtarchivs Iserlohn für das zweite Halbjahr 2023 verspricht abwechslungsreiche Einblicke in ein aktuelles Thema. „Iserlohn und der deutsche Kolonialismus“ ist die neue Reihe überschrieben, die Stadtarchivar Rico Quaschny in Kooperation mit dem Lehrgebiet Geschichte der FernUniversität in Hagen und der VHS Iserlohn entwickelt hat.

Bürgermeister Michael Joithe freut sich über das anspruchsvolle Programm: „Die neue stadtgeschichtliche Vortragsreihe verspricht wieder zahlreiche neue Erkenntnisse zu unserer Geschichte und zeigt einmal mehr, wie eng unsere Lokalgeschichte in das Weltgeschehen eingebunden war.“

Stadtarchivar Rico Quaschny betont: „Vor allem dank der Kooperation mit der FernUniversität in Hagen ist es gelungen, das Thema Kolonialismus in Iserlohn zu verorten und viele Facetten zu beleuchten, was natürlich nicht bedeutet, alle Aspekte abschließend zu behandeln.“

Dr. Fabian Fechner erinnert daran, dass sich das Stadtarchiv schon vor Jahrzehnten mit dem Thema befasst hat: „In den 1980er Jahren wurde in Iserlohn der Nachlass von Robert Löbbecke, um 1900 Militärberater in China, erschlossen und publiziert – und auch jetzt hat die Stadt bei der Erforschung der eigenen kolonialen Vergangenheit die Nase vorn, in dieser Gründlichkeit ist das nicht häufig in Nordrhein-Westfalen.“ Es wird weiteren Forschungsbedarf geben, sind sich alle Beteiligten einig.

Die stadtgeschichtliche Vortragsreihe beginnt am Dienstag, 29. August, mit einem Überblicksvortrag von Detlef Brum aus Dortmund und Dr. Fabian Fechner von der FernUniversität in Hagen. Die beiden Historiker skizzieren unter der Überschrift „Wirtschaft, Krieg und Propaganda?“ Grundzüge der kolonialen Seite der Iserlohner Stadtgeschichte und ordnen sie zeitgeschichtlich ein.

Privatdozent Dr. Magnus Ressel stellt am 5. September mit Friedrich (von) Romberg (1729-1819) eine außergewöhnliche Unternehmerpersönlichkeit vor. 1729 in dem kleinen Ort Sundwig (heute Hemer) geboren, galt Romberg zeitweise als der reichste Mann Europas. Schiffe, Plantagen in der Karibik und Textilfabriken gehörten ihm, sein Reichtum beruhte jedoch auch auf dem Sklavenhandel.

Otto Hegel-Emden (1894-1961) war während des Ersten Weltkrieges Obermatrose auf der legendären SMS Emden. Dr. Walter Wehner aus Iserlohn wird sich in seinem Vortrag damit befassen, wie der Iserlohner Gastwirtssohn es verstand, seine kolonialen Kriegserlebnisse zu einem Teil seiner späteren Lebensgrundlage zu machen.

Die Historikerin Dr. Barbara Frey aus Bielefeld untersucht aus einer postkolonialen Perspektive Leben, Veröffentlichungen und kolonialrevisionistisches Engagement des Konteradmirals a.D. Paul Schlieper (1864-1950), der aus der Grüne stammte und eine zentrale Figur der Iserlohner Kolonialbewegung war. Seine Zeit bei der Kaiserlichen Marine und im Krieg gegen die Yihetuan („Boxer“) in China verklärte er in Zeitungsartikeln und Vorträgen zu einer Heldengeschichte.

In Iserlohn dürfte kaum bekannt sein, dass sich der evangelische Iserlohner Pfarrer Albert Florschütz 1855 in einer Vortragsreihe dem Islam widmete. Noch im selben Jahr veröffentlichte er die darauf beruhende Schrift mit dem „Türken und Türkenthum“. Professor Dr. Jürgen G. Nagel stellt in seinem Vortrag die Ausführungen von Florschütz vor und verortet sie in einer Zeit zwischen aufkommender Wissenschaft, gesellschaftlichen Ängsten und politischer Überheblichkeit.

Mit dem Wirken der Deutschen Kolonialgesellschaft in Iserlohn und ihrem Vorsitzenden Carl Möllmann (1832-1902), Geheimer Kommerzienrat und Inhaber der Firma Kissing & Möllmann, beschäftigt sich der Historiker Dr. Dennis Schmidt in seinem Vortrag. Er wird auch erläutern, welche Ziele die Deutsche Kolonialgesellschaft, zu deren Gesamtvorstand Carl Möllmann seit 1891 gehörte, im Kaiserreich verfolgte.

Die Leiterin des Kreisarchivs des Märkischen Kreises in Altena, Dr. Christiane Todrowski, stellt zum Abschluss der Vortragsreihe Dorothea Herbers (1875-1947) aus Iserlohn vor, die als Ehefrau des Kolonialgründers Carl Peters von sich reden machte. Carl Peters, der als Gründer der Kolonie Deutsch-Ostafrika gilt, war schon in der Kaiserzeit wegen seiner Brutalität umstritten, erlebte jedoch nach seinem Tod und vor allem während der NS-Zeit ein erinnerungspolitisches Comeback, an dem seine Witwe beteiligt war.

Alle Vorträge beginnen um dienstags um 18.30 Uhr im Multifunktionsraum der „Alten Post“, Theodor-Heuss-Ring 5. Der Eintritt je Vortrag beträgt 6 Euro, Ermäßigungsberechtigte zahlen 3 Euro.

Das Faltblatt mit der Terminübersicht und kurzen Informationstexten zu den einzelnen Vorträgen liegt im Stadtarchiv, anderen Kulturinstituten und in der Stadtinfo aus. Es wird auf Wunsch gern zugesandt und ist im Internet abrufbar und www.archiv-iserlohn.de.

Die Veranstaltungen im zweiten Halbjahr 2023 im Überblick:

  • Dienstag, 29. August 2023: Wirtschaft, Krieg und Propaganda? Die koloniale Seite der Stadtgeschichte Iserlohns
    Vortrag von Detlev Brum und Dr. Fabian Fechner

  • Dienstag, 5. September 2023: Ein Westfale im globalen Kolonial- und Sklavenhandel. Das Handelsimperium des Friedrich (von) Romberg (1729-1819)
    Vortrag von PD Dr. Magnus Ressel

  • Dienstag, 19. September 2023: Otto Hegel-Emden (1894-1961): Koloniale Kriegserlebnisse als Lebensgrundlage eines Iserlohners
    Vortrag von Dr. Walter Wehner

  • Dienstag, 24. Oktober 2023: Von Weltmeeren und Kolonien: Paul Schlieper – Galionsfigur der Iserlohner Kolonialbewegung
    Vortrag von Dr. Barbara Frey

  • Dienstag, 7. November 2023: „Türken und Türkenthum“. Ein Iserlohner Pfarrer erklärt den Islam (1855)
    Vortrag von Prof. Dr. Jürgen G. Nagel

  • Dienstag, 21. November 2023: Gegenüber „kolonialen Fragen stets das größte Interesse“. Propaganda für den Kolonialismus in Iserlohn
    Vortrag von Dr. Dennis Schmidt

  • Dienstag, 5. Dezember 2023: „Ich lobe mir einen Mann, der streng ist.“ Dorothea Herbers aus Iserlohn, die Ehefrau des Kolonialgründers Carl Peters
    Vortrag von Dr. Christiane Todrowski
Stadtarchiv_Vorstellung Vortragsprogramm 2023_2.HJ
Freuen sich auf spannende Vorträge: v.l. Rico Quaschny (Stadtarchiv), Dr. Fabian Fechner (FernUni Hagen), Michael Joithe (Bürgermeister) und Rainer Danne (VHS).