Ballsport in Iserlohn

"Ich warne Euch, Ihr Brüder Jahns,
vor dem Gebrauch des Fußballwahns!"

So lautet die Schlusszeile aus dem Gedicht "Fußball (nebst Abart und Ausartung)", das Joachim Ringelnatz im Jahr 1919 veröffentlichte.

Obwohl die Ballspielarten, besonders das Fußballspiel, hier in Iserlohn seit 1905 vereinsmäßig betrieben wurden, erblühten diese Sportarten erst nach dem Ersten Weltkrieg und begannen in den Turnvereinen die anderen Sportarten zu verdrängen.

Am 25. September 1920 fand auf dem gerade fertiggestellten Sportplatz Seilersee mit dem 1. Nationalen Sportfest des Turnvereins "Eintracht" Iserlohn eine bisher noch nie dagewesene Groß-Sportveranstaltung statt, die mit Schlag- und Faustball-Wettkämpfen eröffnet wurde.

Die Veranstaltung war in diesem Jahr die größte dieser Art, die in ganz Westfalen und dem Rheinland stattfand.

An diese Wettkämpfe schloss sich ein Propaganda-Wettspiel zwischen der 1. Fußballmannschaft der Spielabteilung des Turnvereins "Eintracht" und der Ligareserve-Mannschaft des Allgemeinen Hagener Turn- und Sport-Vereins 1860 an.

Zu den Wettkämpfen traten ca. 600 Sportler an, darunter 180 Jugendliche und 60 Damen.

Ab Mitte der 1920er Jahre erlebten das Fußball- und das Handballspiel, damals noch im Freien als Feldhandball gespielt, einen regelrechten Boom.
Die Vereine errichteten in diesen Jahren meist in Eigenleistung zahlreiche Sportplätze zur Ausübung von Schlagball-, Faustball-, Fußball- und Handballspielen.

Durch die Gleichschaltung der Turn- und Sportvereine im Jahr 1934 und das damit zusammen hängende Spielverbot, das einige Vereine traf, ging der Spielbetrieb zurück und kam in den meisten Vereinen während des Zweiten Weltkrieges ganz zum Erliegen.
Aber schon kurz nach Kriegsende wurde der Spielbetrieb in vielen wiedergegründeten Vereinen wieder aufgenommen, obwohl nur wenige Plätze bespielbar waren.
Viele Plätze waren durch kriegsbedingte Einwirkungen unbespielbar geworden, einige waren als Lagerstätte für Kriegsgeräte, als Flak-Stellung oder als Bauplatz für Zwangsarbeiterbaracken und Kasernen in Benutzung und so für den Sport verloren.

Wie auch nach dem Ersten Weltkrieg, war nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges das Interesse in der Bevölkerung für das Turn- und Sportwesen und speziell für Fußball und Handball sehr groß.

Am 1. August 1948 fand im Seilersee-Stadion unter dem Motto "Der Fußball rollt gegen die Not ...!" im Rahmen einer Wohltätigkeitsveranstaltung für Heimkehrer und Kriegsversehrte ein Fußballspiel "Rathausmeute gegen Presse- und Bühnenleute" statt. Der Eintrittspreis betrug für die Zuschauer 50 Pfennige.
Es traten unter anderem an:

  • Für die "Rathausmeute": Oberbürgermeister Jacobi, Oberstadtdirektor Wohlert, Stadtkämmerer Dr. Rüther und Sparkassendirektor Dr. Boerner
  • Für die "Bühnenleute": Operettentenor Hohmann, Herr Demski von der Westfälischen Rundschau, Herr Hartmann vom Kultur- und Presseamt und Theaterrestaurateur Holdt

Das Spiel endete mit einem 2 : 1 für die Iserlohner Rathausleute.

In der Presse wurde das Spiel unter anderem wie folgt beschrieben:

"Während unter dem schwülen Himmel des ersten Augusttags in London die Olympiade mit dem Schweiß ihrer Sportler und Zuschauer die Erde düngte, stand man auch in Iserlohn in der Kampfbahn am Seilersee, um ein gleiches zu tun. Ja, hier floß noch mehr, sowohl Schweiß und auch Tränen der Vergnüglichkeit. Der lange angesagte Wohltätigkeitskampf zugunsten der Heimkehrer und Kriegsversehrten, der unter der Devise: "Sport- und Rathausleute gegen Presse- und Bühnenleute" lief, war zwar wegen Regenwetters schon einmal verschoben worden, aber er entrann seinem Schicksal in der zweiten Halbzeit dennoch nicht: Urplötzlich öffnete der überhitzte Himmel seine Schleusen und ertränkte mit einer wolkenbruchartigen Maßlosigkeit die letzten Minuten der Entscheidung.

Doch die Verschiebung hatte auch ihr Gutes, denn auf diese Weise hatte die Mehrzahl der Spieler wenigstens Gelegenheit gehabt, sich mit den Elementarregeln des Fußballspiels vertraut zu machen.

Was sich hier an ehrenwerten Stadtbeamten mit Geheimratsglatze, an Heldentenören, Liebhabern, rasenden Reportern und anderen Komikern des grünen Rasens gegenüber stand, war im besten Sinne ehrenhalber in den Dienst des runden Leders eingetreten, wobei allenfalls alte Erinnerungen an die sonnige Jugendzeit als die Beine noch behende und der Siegeseifer noch frisch waren, den großen Sportgeist repräsentierte.

Mit der bereitwilligsten Heiterkeit beteiligte sich das riesige Rund der Zuschauer an den Bemühungen um eine Entscheidung und hatte seine helle Freude daran, würdige Männer mit der Nase im Staub liegen zu sehen. (...)"

Ein Jahr später, am 10.12.1949, fand ein weiteres großes Fußballspiel im Seilersee-Stadion statt. Der Erlös der Veranstaltung war für die endgültige Fertigstellung der Bühne des Parktheaters bestimmt.

Diesmal trat einer ausgewählten Mannschaft aus dem Iserlohner Rathaus die bekannte Elf des Nordwestdeutschen Rundfunks gegenüber.

Trotz schlechten Wetters fanden sich rund 3000 Zuschauer am Seilerseestadion ein, um das Spiel zu verfolgen.


Zahlreiche Iserlohner Geschäfte spendeten Sachpreise für die Tombola, die im Rahmen einer dem Spiel folgenden Festveranstaltung auf der Alexanderhöhe verlost wurden.

Das humoristische Spiel endete mit einem 3 : 3 unentschieden.

Beschrieben wurde das Spiel in der Lokalpresse wie folgt:

"(...) Im Verlauf des erbitterten Ringens schälten sich die Könner hüben und drüben heraus. Die, die sich am geschicktesten Abseits stellen konnten, hatten die größten Chancen. Oberbürgermeister Schaefer als Linienrichter handhabte das Aus ebenso großzügig wie August Lenz die Abseitsregel und so entwickelten sich Schalker Kreiselkombinationen, ein Zentimeter unter der Grasnarbe, die in Schellhoffbomben, Pfeiferparaden oder rasanten Pepperflanken ihren unnachahmlichen Ausdruck fanden. (...) Wer alles Tore trat, wird nie ganz geklärt werden. Wir sahen jedenfalls einen Prachtelfmeter Jacobis mit einer "Rugby-Rübe" ausgeführt und das letzte Tor des Stadtvertreters Grothoff. Dafür war eine Flasche ausgesetzt. Wehende Bärte, ein Eiswagen, eine Feuerwehrkapelle stellten humoristische Requisiten des Fußballulks am Seilersee dar. (...)

Ohne Berücksichtigung der 3. Halbzeit auf der Alexanderhöhe müsste es ungefähr 3 : 3 gestanden haben. Gewonnen hatten jedenfalls alle - etwas Fröhlichkeit zumindest, oder gar ein herzhaftes Lachen."


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