[ Events3 Highlights ]

Aktuelle Ausstellung

Europäischer Naturfotograf 2019

12.11.21 - 13.02.22

Im Jahr 2001 zunächst als einmalig stattfindendes Ereignis geplant, entwickelte sich der Wettbewerb Europäischer Naturfotograf des Jahres inden folgenden Jahren schnell zu einer festen Größe von internationalem Rang. Stetig steigende Teilnehmerzahlen und ein ebenso kontinuierlich wachsendes öffentliches Interesse an den Resultaten bestätigt den Erfolg dieses Wettbewerbs . Sein anhaltender Erfolg erklärt sich vor allem aus der Bestrebung, jedes Jahr von neuem den Ansprüchen moderner Naturfotografie gerecht zu werden – Innovation und Kreativität, seien es der Einsatz neuer Techniken oder der Mut zu ungewöhnlichen Kompositionen, waren von Anfang an die erklärten Zielsetzungen dieses Wettbewerbs. Neben dem Anspruch, zugleich die großeBandbreite naturfotografischer Themen in zeitgemäßer Weise widerzuspiegeln, von ungesehenen Verhaltensweisen, seltenen Arten, intimen Tierportraits, verträumten Pflanzenbildern bis hin zur kritischen Auseinandersetzung mit den Belangen des Natur- und Artenschutzes. Zudem legt die GDT als Organisator größten Wert darauf, die Einhaltung ethischer Standards bei der Entstehung der Bilderzu gewährleisten, und durch ein strenges Regelwerk und lückenlose Kontrolle dafür Sorge zu tragen, digitale Manipulationen auszuschließen.

Gesamtsieger des Wettbewerbs 2019 wurde der Spanier Eduardo Blanco Mendizabal mit seinem Bild "Geist". Anfang des Jahres besuchte er den Naturpark Sierra de Andújar in Andalusien (Spanien), um mich dort auf die Suche nach der am stärksten bedrohten Katzenart Europas zu machen, dem Pardelluchs (Lynx pardinus).Eines Abends entdeckte er dann einen Luchs in unmittelbarer Nähe der Straße. Er nahm kaum Notiz von dem Fotografen, und fuhr in aller Ruhe fort, sein Fell zu pflegen. Auch die Scheinwerfer von Mendizabals Wagen störten ihn nicht. Ermachte zahlreiche Bilder, doch nur auf diesem leuchten die Augen desTieres geisterhaft auf.

Weitere Preise wurden in den Kategorien Vögel, Säugetiere, Andere Tiere, Pflanzen und Pilze, Landschaften, UnterWasser, Mensch und Natur, Atelier Natur und Jugendliche vergeben.

"Jede Art von Fotografie hat ihre Berechtigung, doch in einer Zeit, in der Kamerafallen, Drohnen, perfekt ausgeleuchtete und kunstvoll arrangierte Bilder in Mode sind, kann es leicht passieren, dass man die Kraft von Bildern vergisst, die auf das Wesentliche reduziert sind. Auf ein einfaches Konzept. Auf eine Fotografie, die uns zu den Grundlagen der Naturfotografie zurückführt. Bilder, die ungekünstelte Emotionen wecken und zu Debatten anregen. Die Stärke solcher Bilder liegt nicht inihrer technischen Perfektion, einem raffinierten Workflow oder dem neuesten Equipment. Sie rührt daher, dass sie dem Betrachter ein ursprüngliches Gefühl der Verbundenheit mit dem Motiv vermitteln, der Atmosphäre des Augenblicks, eine Ahnung davon, was der Fotograf im Augenblick des Auslösens empfunden haben muss." (Richard Peters, Juror)

Zur Ausstellung ist im Tecklenborg Verlag die gleichnamige Publikation erschienen.
22 €, und die Postkarten 1,50 €

Kommentar der Jury
von Richard Peters (für die Jury)

Es ist ebenso einschüchternd und inspirierend, so aufregend wie ehrenvoll, Teil einer Jury zu sein, die Tausende von Bildern von Fotografen aus ganz Europa bewertet. Diese Verantwortung darf nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Es ist eine Aufgabe, die auch immer wieder eindringlich daran erinnert, dass Europa die Heimat von außergewöhnlich talentierten, kreativen und zukunftsweisenden Fotografen ist. Diese Fotografen zu würdigen, und zugleich die Prinzipien und elementaren Werte der GDT zu wahren, war für jeden von uns, der die Ehre hatte, an diesem Prozess teilzunehmen, von größter Bedeutung.
Mit den unterschiedlichen Meinungen, die ein solches Gremium aus erfahrenen und sachkundigen Jurymitgliedern mit sich bringt, wird auch die Komplexität der Bildauswahl deutlich. Diese Diversität ist unerlässlich, da jedes Mitglied einen anderen Geschmack und andere Vorstellungen hat, was Ästhetik, emotionale Wirkung, die Vermittlung von Informationen oder technische Brillanz anbelangt. Ein Bild mag ein echter Hingucker sein, betrachtet man es isoliert, doch seine Wirkung kann schnell verfliegen, wenn es im Kontext von Tausenden anderer Bilder innerhalb derselben Kategorie erscheint. Es handelt sich um einen sehr komplexen, detaillierten, methodischen und fairen Auswahlprozess. Es gab Bilder, die sofort bei allen Jurymitgliedern ankamen, und andere, die auf geteilte Meinungen stießen, und erst nach lebhaften Debatten ihren Platz im Portfolio der ausgewählten Bilder fanden. Dazu zählte auch der diesjährige Gesamtsieger.
Das Bild Der Geist von Eduardo Blanco Mendizabal (Spanien) erregte die Aufmerksamkeit der Jury, weil es anders ist. Es weicht von aktuellen Trends ab und fiel sofort durch seine kraftvolle und zugleich subtile Erscheinung auf. Ein Bild, das sich nicht jedem unmittelbar erschließt, dessen Wirkung sich aber umso stärker entfaltet, je länger man es betrachtet. Wenn sich die Augen des Betrachters an die Dunkelheit gewöhnt haben, erwacht dieses Bild zum Leben.
Nur zwei Farben herrschen vor, Blau und Schwarz. Diese Farbtöne geben dem Betrachter Aufschluss darüber, wann dieses Bild entstanden ist: zur Zeit der Dämmerung, die eine wichtige Rolle spielt für das Leben und vor allem das Jagdverhalten des Motivs. Die reduzierte Wirkung des Bildes beruht darauf, dass es fast ausschließlich aus Silhouetten besteht. Die unverwechselbare Form der Ohren des Luchses ermöglicht eine sofortige Identifizierung des Tieres. Und die Umrisse der Büsche und Felsen verraten uns etwas über seinen Lebensraum.
Ein eindeutiger Fokuspunkt ist bei einem so anspruchsvollen Bild unerlässlich, um sicherzustellen, dass sich das Hauptmotiv nicht in den dunklen Farbtönen der Dämmerung verliert. Ein Punkt, der die Aufmerksamkeit des Betrachters sofort auf sich zieht und dadurch das Bild in seiner Aussage erst kohärent werden lässt. Es sind die extrem lichtempfindlichen Augen des Tieres, die im schwachen Streulicht der Scheinwerfer aufleuchten, ohne dass die Umgebung erhellt wird. So bleibt die geheimnisvolle Atmosphäre erhalten, und die geisterhaften Konturen des Luchses erwachen plötzlich zum Leben.
Wie es oft bei solchen Aufnahmen der Fall ist, beruht die Wirkung auf einem überlegten Einsatz der Technik. In diesem Fall hat der Fotograf eine mutige Entscheidung getroffen: Die Jury war beeindruckt, dass Eduardo Blanco Mendizabal trotz der unglaublich schlechten Lichtverhältnisse das Risiko eingegangen ist, mit einer Verschlusszeit von 6 Sekunden zu arbeiten. Bei so schwachem Licht wäre es für viele andere Fotografen die naheliegende Wahl gewesen, sich entweder darauf zu beschränken, den Luchs nur zu beobachten, oder aber die ISO-Zahl drastisch zu erhöhen, um eine kürzere, und dadurch erfolgversprechendere Verschlusszeit zu erhalten. Dies hätte zu einem Bild mit nicht annähernd so großer Wirkung geführt. Nur durch den Hauch von Weichheit, der das Motiv durch die minimale Unschärfe umgibt, entfaltet sich sein Zauber. Es war ein Glücksspiel, das auf die bestmögliche Weise belohnt wurde; ein Bild, das auf gelungene Weise die Situation wiedergibt, in der sich der Fotograf befand.
Für einige Jurymitglieder war Der Geist sofort ein klarer und eindeutiger Gesamtsieger. Andere regten eine Diskussion an, um die Vielschichtigkeit des Bildes besser verstehen zu können. Es wurden Argumente ausgetauscht, das Für und Wider abgewogen und das gemeinsame Meinungsbild erweitert, während wir auf die endgültige Entscheidung hinarbeiteten. Als diese Entscheidung dann getroffen war, war man sich einig, dass jedes Bild, das eine solche Debatte provoziert, eindeutig mit aktuellen Trends bricht und etwas Besonderes zu bieten hat. Als Gesamtsieger eines so wichtigen Wettbewerbs ist dieser Aspekt von entscheidender Bedeutung. Denn oft polarisieren besondere Bilder, sie erweitern Sichtweisen, verlagern Grenzen, und sie wachsen, wenn man tiefer unter die Oberfläche schaut. Das ist hier der Fall.
Die Jury kam zu dem Schluss, dass Eduardo Blanco Mendizabals Bild einen faszinierenden Einblick in das heimliche Wesen des Luchses bietet. Es erregt sofort die Aufmerksamkeit des Betrachters auf eine Weise, die nicht traditionell oder offensichtlich ist, und es entstand zu einem Zeitpunkt, an dem die meisten von uns die Kamera einfach weggelegt hätten, ohne ein Bild zu machen.
Jede Art von Fotografie hat ihre Berechtigung, doch in einer Zeit, in der Kamerafallen, Drohnen, perfekt ausgeleuchtete und kunstvoll arrangierte Bilder in Mode sind, kann es leicht passieren, dass man die Kraft von Bildern vergisst, die auf das Wesentliche reduziert sind. Auf ein einfaches Konzept. Auf eine Fotografie, die uns zu den Grundlagen der Naturfotografie zurückführt. Bilder, die ungekünstelte Emotionen wecken und zu Debatten anregen. Die Stärke solcher Bilder liegt nicht in ihrer technischen Perfektion, einem raffinierten Workflow oder dem neuesten Equipment. Sie rührt daher, dass sie dem Betrachter ein ursprüngliches Gefühl der Verbundenheit mit dem Motiv vermitteln, der Atmosphäre des Augenblicks, eine Ahnung davon, was der Fotograf im Augenblick des Auslösens empfunden haben muss.
Einfach ausgedrückt, das Bild Der Geist ist ebenso gewagt und mutig wie eindringlich und schön.